Interview mit dem Börsenhändler Thomas Dietrich
Durch geschicktes Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren versuchen Börsenhändler Gewinn zu erzielen. Ihre Arbeit findet heutzutage vor dem Computer und nicht mehr am Börsenparkett statt. Über den anspruchsvollen Tagesablauf eines Börsenhändlers und die Fähigkeiten, die dieser Beruf erfordert, berichtet Thomas Dietrich im folgenden Interview.
Herr Dietrich, Sie sind Börsenhändler bei der Raiffeisen Centrobank AG. Was sind die Aufgaben eines Börsenhändlers? Wie kann man sich die Tätigkeit vorstellen?
Dietrich: Ein Börsenhändler versucht durch geschicktes Kaufen und Verkaufen von börsengehandelten Aktien oder Derivaten einen Profit für seinen Arbeitgeber zu erzielen. Gleichzeitig stellt er in seiner Funktion als Market maker der Wiener Börse durch das verpflichtende Stellen von An- und Verkaufskursen Liquidität zur Verfügung. Eine weitere Aufgabe ist das Pricing und das Absichern der Bankpositionen, die durch den Kauf oder Verkauf von sogenannten Retailprodukten wie Optionsscheinen, Turbos oder Zertifikaten entstehen.
Da mittlerweile der Börsenhandel nur mehr über Computer stattfindet, sitzt ein Börsenhändler den ganzen Tag vor den Bildschirmen der vollelektronischen Handelssysteme und versucht seine Einschätzung der Aktienmärkte möglichst profitabel umzusetzen. Dafür wird ihm von seinem Arbeitgeber die gesamte Infrastruktur und das nötige Kapital zur Verfügung gestellt.
Wie sieht normalerweise Ihr Tagesablauf aus?
Dietrich: Der Tag beginnt normalerweise eine halbe Stunde vor Marktstart mit der Überprüfung der Handelssysteme und dem Checken der Overnight-News. In der Eröffnungsauktion versucht man dann seine Einschätzungen im Markt umzusetzen und eventuell erste Positionen einzugehen. Nach einigen Minuten beginnt man dann mit dem Quotieren der Aktien im Kassamarkt und der Optionen am Terminmarkt. Zur gleichen Zeit startet das Pricing unserer hausinternen Produkte wie Optionsscheine und Zertifikate um Kunden die Möglichkeit zu geben ihre eigenen Ideen und Handelsabsichten in die Tat umzusetzen.
Die nächsten Stunden vergehen mit dem permanenten Feintuning bzw. mit dem Hedging (Absichern) der Positionen, während man gleichzeitig versucht damit für die Bank Geld zu verdienen. Man sitzt während des ganzen Börsentages vor seinen bis zu sechs Computerbildschirmen und bemüht sich, keine kursrelevante Nachricht oder Handelsgelegenheit zu versäumen.
So vergeht der Tag, bis man um kurz vor 18 Uhr seine Positionen für diesen Tag abschließend bewerten kann und hoffentlich einiges für seinen Arbeitgeber verdienen konnte.
Welche Voraussetzungen bzw. Fähigkeiten sollte man mitbringen, um diesen Beruf ausüben zu können?
Dietrich: Da es oft ein sehr stressiger Job ist, sollte man sehr belastbar sein und auch unter Druck genau und verlässlich arbeiten können. Weiters sollte man ein gutes Zahlengefühl haben und die Bereitschaft, den ganzen Tag vor mehreren Computerbildschirmen zu verbringen. Auch Grundkenntnisse der Finanzmathematik , des Funktionierens des Wirtschaftskreislaufes, das Funktionieren der Börsen und der dort gehandelten Produkte sollte man bereits haben.
Gibt es Anforderungen, die ein Bewerber auf jeden Fall erfüllen muss?
Dietrich: Großes Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und dem Geschehen an den Börsen und die Bereitschaft sich täglich mit den Märkten messen zu wollen.
Vielen Dank für das Gespräch!