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Zarter Hoffnungsschimmer

Christian Euler | Börsen-Kurier 

Entwicklung für die deutsche Industrie bleibt dennoch ungewiss.

Geht es um die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft, geben sich die meisten Experten in Moll. Einige Akteure haben sogar längst den großen Abgesang angestimmt. Erst in der vergangenen Woche wurden sie bestätigt, als das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für einen Stimmungsdämpfer sorgte. Danach sind die Erwartungen der Börsenprofis für die deutsche Konjunktur im August so stark eingebrochen wie seit zwei Jahren nicht mehr. 

Angesichts der wachsenden Sorgen um die Weltwirtschaft sank das ZEW-Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten um 22,6 auf 19,2 Zähler. Von Reuters befragte Volkswirte hatten hingegen nur mit einem Rückgang auf 32 Punkte gerechnet. „Der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland bricht ein“, kommentierte ZEW-Chef Achim Wambach.

Auch Positives zu berichten

Aber es gibt auch gute Nachrichten. Die Produktion in Deutschland ist im Juni stärker als erwartet hochgefahren worden. Wie das Statistische Bundesamt am 7. August mitteilte, stellten Industrie, Bau und Energieversorger zusammen 1,4 % mehr her als im Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 1,0 % gerechnet. Besonders stark erwies sich die Automobilindustrie mit einem Anstieg von 7,5 %, nachdem sie im Mai noch um fast 10 % zurückgegangen war. 

Der Maschinenbau weitete die Produktion um 1,2 % aus, während der Bereich chemische Erzeugnisse um 1,5 % zunahm. Die besonders energieintensiven Industriezweige erhöhten ihren Output um 1,4 %. Der Auftragszuwachs kam sehr überraschend und könnte ein entscheidender Impuls dafür sein, dass es in diesem Jahr möglicherweise doch noch zu einem kleinen Aufschwung in der deutschen Wirtschaft kommen könnte.

Chancen auf einen zumindest leichten Aufschwung 

Ebenfalls überrascht wurden die Volkswirte vom ersten Auftragsplus in diesem Jahr. Dank der anziehenden Binnennachfrage wuchsen die Bestellungen inmitten von Rezessionssorgen um überraschend starke 3,9 % im Vergleich zum Vormonat. Hier hatten die Auguren nach zuvor fünf Rückgängen in Folge nur einen Anstieg von 0,5 % prognostiziert. Einen kräftigeren Zuwachs gab es zuletzt im Dezember vergangenen Jahres.

Optimisten sehen in den Zahlen einen - wenn auch zarten - Hoffnungsschimmer, dass sich die Industrie im weiteren Jahresverlauf etwas erfängt. Dafür sprechen auch die teils deutlich gestiegenen Löhne zu sehr und der daraus resultierende stabile Konsum. Als Belastung könnten sich indes die schwachen Exporte auswirken, die im Juni laut Destatis kalender- und saisonbereinigt um 3,4 % zum Vormonat auf 127,7 MrdE zurückgingen.
 
„Während die rückläufigen Exporte auf anhaltende strukturelle Schwächen hindeuten, hält der Anstieg der Industrieproduktion die Hoffnung auf einen zumindest leichten industriellen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte aufrecht“, brachte ING-Europa-Chefvolkswirt Carsten Brzeski die Lage in einem Kommentar auf den Punkt. „Trotz eines schwachen Starts in die zweite Jahreshälfte sollte man jedoch positive Überraschungen nicht ausschließen.“
 

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