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Wie ein Attentat die Wirtschaftswelt verändert

Raja Korinek | Börsen-Kurier 

Auch nach Bidens Rücktritt bleiben die Sorgen vor mehr Abschottung unter einem Präsidenten Trump groß.

Das Schussattentat auf den US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat nicht nur Folgen für den Wahlkampf. Weil Umfragen zufolge ein Sieg Trumps damit ein Stück näher rückt, reagierten die Börsen entsprechend. Der Dow Jones Industrial Index etwa legte kräftig zu, während der deutsche Leitindex Dax ein gutes Stück an Wert verlor. Die Sorge ist groß, dass Trump als nächster US-Präsident die Wirtschaft jenseits des Atlantiks auf Kosten Europas abschotten wird. Solch ein Schritt würde zahlreiche deutsche Konzerne belasten, die stark von Exporten abhängig sind - und enge Handelsbeziehungen zu den USA pflegen. 

Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Online-Broker CMC Markets, verweist auf eine weitere Entwicklung, die solch eine Befürchtung bestärkt: „Die Ernennung von James David Vance zum Vizepräsidenten deutet auf einen starken Fokus auf die ‚America First‘-Politik hin, die auch Deutschland zu spüren bekommen könnte. Das erhöht die Unsicherheit am Dax.“

US Small Caps profitieren

Auch der Russell-2000-Index, der zahlreiche kleinere US-Titel umfasst, legte kräftig zu. Viele solcher Unternehmen sind vor allem am US-Binnenmarkt tätig. Und würden ebenfalls von einer Abschottung profitieren. Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender des deutschen Vermögensverwalters DJE Kapital AG, mahnt in seinem Ausblick auf das zweite Halbjahr 2024 aber auch, die US-Geldpolitik im Auge zu behalten. „Sollte sie zu lange restriktiv bleiben, würde dies insbesondere kleinere Unternehmen belasten“, meint Ehrhardt. Sie sind oftmals stärker auf Fremdfinanzierungen für ihr Wachstum angewiesen. 

Der Blick Richtung Asiens offenbart ebenfalls Interessantes. So gerieten Chinas Börsen ebenso unter Druck. Hier wächst die Sorge, dass mögliche zusätzliche US-Zölle auf chinesische Produkte den Markt im Reich der Mitte belasten könnten. Deshalb wirft Ehrhardt auch einen Blick in Richtung Indien. Das Wirtschaftswachstum sei dort intakt, wobei insbesondere Bankaktien positiv hervorstechen, meint der Experte. Sie sind das Rückgrat des Wachstums und der Bedarf an Finanzprodukten ist groß. Beim französischen Vermögensverwalter Amundi rechnet man heuer mit einem BIP-Wachstum in Indien von 6,6 %.

Konjunktur verlangsamt sich

Doch wie dürfte sich die globale Konjunktur entwickeln? Hier rechnet Amundi mit einer leichten Verlangsamung des BIP-Wachstums auf 3,1 % im Jahr 2024 und 3 % im Jahr 2025. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag das Wachstum bei 3,2 %. Monica Defend, Leiterin des Amundi Investment Institute, präzisiert die Prognosen und meint, „die US-Wirtschaft wird sich verlangsamen, während sich die Eurozone erholen wird. Die Industrieländer werden weitgehend stabil bleiben und die Schwellenländer zeigen insgesamt ihre Widerstandsfähigkeit.“

Die Inflation sollten Anleger ebenso im Auge behalten. „Auch wenn sie allmählich zurückgeht, ist sie ein großes Risiko und wird in den kommenden Jahren höher bleiben als in den 2000er und 2010er Jahren“, konstatiert William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments. Vor allem in den USA dürfte es schwierig werden, den Zielwert von 2 % zu erreichen, meint Davies. „Während es daher noch unklar ist, ob sich die US-Notenbank zu einer ersten Zinssenkung durchringen kann, herrscht in der Eurozone mehr Transparenz.“ Nach der ersten Senkung der EZB im Juni rechnet Davies mit weiteren Lockerungen.

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