Wiener Börse News

Sechs heimische Aktien im Fokus

Michael Kordovsky | Börsen-Kurier

Was Analysten über Industrie-Werte an der Wiener Börse sagen.

Die Rezession der Industrie im Euroraum hat viele österreichische Unternehmen, insbesondere in der krisengeplagten Automobilbranche, belastet. Die Auswirkungen ziehen sich durch die gesamte Lieferkette bis zu metallverarbeitenden Betrieben. Dabei zeigt sich ein differenziertes Bild: Während einige Unternehmen solide Erträge erwirtschaften, ist im Worst Case - wie bei der KTM AG (Pierer Mobility) - ein Sanierungsverfahren als Notlösung erforderlich.

Kritische Situation bei Pierer Mobility

KTM litt wie allseits berichtet unter einem Motorrad-Überbestand von 130.000 Stück. Hinzu kommen zu hohe Produktionskosten in Österreich und ein schwieriges Marktumfeld in den USA - zu dem sich unter der Administration von Donald Trump noch Zoll-Herausforderungen hinzugesellen könnten. Im Zuge eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sollte mittels Produktionsreduktion der Lagerbestand bei KTM und den Händlern binnen zweier Jahre angepasst werden. Obwohl Stefan Pierer im Schlusssatz der EQS-News vom 26. November wie folgt zitiert wird: „Die Kernaktionäre stehen zu KTM sowie zur Pierer Mobility und ihrem Börse-Listing. Das Ziel ist klar: KTM soll gestärkt aus dieser schwierigen Zeit hervorgehen“, wird erst der Ausgang des Sanierungsverfahrens zeigen, welcher Weg tatsächlich eingeschlagen wird. 

Amag zeigt Resilienz

Wesentlicher klarer ist die Sicht bei Werten wie der Amag, bei der sich die Ertragslage relativ solide entwickelt. In den ersten neun Monaten 2024 konnte bei einem Umsatzrückgang um 5,6 % auf knapp 1,08 MrdE noch ein Ebitda von 147,6 MioE (-11,1 %) und ein Ebit von 80,7 MioE (-21 %) erzielt werden. Eine stabile Produktion in Kanada, ordentliche operative Ergebnisse im Segment „Gießen“ in allen drei Quartalen sowie ein passender Produktmix im Segment „Walzen“ haben dazu beigetragen. Laut Schätzungskonsens in MarketScreener soll der Gewinn pro Aktie von 2024 bis 2026 von 1,64 auf 2,17 E wachsen, woraus bei einem Kurs von 24,40 E ein für 2026 erwartetes KGV von 11,2 resultieren würde. Sollte dies tatsächlich eintreten, wären binnen 24 Monaten Kurse von über 30 E durchaus denkbar.

Einstiegschance Voestalpine, Vorsicht bei Polytec

Per 3. Dezember im laufenden Jahr bereits 36 % im Minus ist die Voestalpine, die gerade von den Analysten der Erste Group von „Akkumulieren“ auf „Kaufen“ hochgestuft wurde. Dazu Erste-Group-Analyst Michael Marschallinger gegenüber dem Börsen-Kurier: „Wir sind der Meinung, dass auf aktuellen Kursniveaus zu viel Negativität in die Aktie eingepreist ist. Durch die Diversifizierung und Fokussierung auf hochwertige Stahlbleche im technologisch anspruchsvollsten Segment ist die Voestalpine Stahldivision von den jüngsten Turbulenzen weniger betroffen und liefert solide Ergebnisse“, und er ergänzt: „Weiters denken wir, dass Voestalpine auf die zwei zuletzt schwächelnden Geschäftszweige Werkzeugstahl und Automobil rechtzeitig reagiert hat. Im Bereich Werkzeugstahl wurde das Werk Buderus Edelstahl verkauft. Das Geschäft mit Werkzeugstahl war seit Covid Ebitda-negativ. Im Bereich Automobil (rund 30 % des Konzernumsatzes) reagierte das Unternehmen mit Kapazitätsanpassungen in Deutschland, nachdem die deutschen Auto-OEMs (VW, Daimler; Originalausrüstungshersteller, Anm.) nach zwei starken Jahren der Nachfrage (Covid-Nachfrageüberhang) ihre Überkapazitäten zurückfuhren.“ Entsprechend positiv auch der Ausblick: „Für das nächste Geschäftsjahr 2025/26 gehen wir bereits wieder von einer Erholung des Ebitda auf 1,64 MrdE aus (+16 % y/y von 1,4 MrdE im laufenden Geschäftsjahr 2024/25), aufgrund des Wegfalls von Einmalaufwendungen, dem Verkauf der verlustträchtigen Buderus Edelstahl und positiven Auswirkungen aus der laufenden Restrukturierung von Automotive Components in Deutschland.

“Kritischer sieht Marschallinger die Situation bei Polytec: „Obwohl 2022 und 2023 sehr gute Jahre für die deutschen Auto-OEMs und deren Zulieferer waren, entwickelte sich das Geschäft der Polytec in die entgegengesetzte Richtung. Auf Grund interner Probleme - wie Lieferverzögerungen bei dringend benötigten neuen Fertigungsanlagen, erhöhte Personalzahlen aufgrund von Zusatzschichten etc. - erwirtschaftete das Unternehmen 2022 und 2023 nur Verluste. Auch in den ersten neun Monaten 2024 befindet sich das Unternehmen in der Verlustzone. Für das Geschäftsjahr 2024 erwartet Polytec eine Ebit-Marge von 1 %, das Erreichen dieses Ausblicks unterliegt jedoch Unsicherheiten und ist auch vom Ausgang von laufenden Kundenverhandlungen abhängig. Aufgrund des schwachen Track Records der vergangenen Quartale sehen wir im aktuell schwierigeren Umfeld auch keine unmittelbare Erholung der Ergebnisse in den kommenden Quartalen.“

AT&S spekulative Chance und Geduldsspiel bei Lenzing

Noch viel Geduld ist bei Lenzing erforderlich. Dazu Erste-Group-Analystin Vladimira Urbankova gegenüber dem Börsen-Kurier: „Die Ergebnisvisibilität bleibt insgesamt eingeschränkt. Die Aussichten für die Textilmärkte sind nach wie vor mit vielen Unsicherheiten behaftet. Ebenso sind die Auswirkungen des Einstiegs von Suzano, dem neuen strategischen Investor, derzeit schwer zu quantifizieren. Die ESG-getriebene Investmentstory von Lenzing bleibt zwar langfristig attraktiv, doch die Ergebnisse der ersten drei Quartale 2024 (mit einer eher immer noch sehr gedämpften operativen Rentabilität, einer Ebit-Marge von nur 2,0 %) sind ein weiterer Beweis dafür, dass die Steigerung der Profitabilität noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird - und somit auch eine nachhaltige Erholung des Aktienkurses.“

Zu AT&S äußert sich uns gegenüber Erste-Group-Analyst Daniel Lion: „Die Verlagerung in Richtung KI hat AT&S und vor allem den Hauptkunden Intel stark getroffen. Große Hyperscaler bzw. Cloud Service Provider (AWS, Microsoft, Google) haben in den vergangenen zwei Jahren fast ausschließlich in KI-Rechenzentren investiert, die vor allem mit Nvidia-, aber auch AMD-Prozessoren betrieben werden. Intel hat diese Entwicklung verschlafen und hat massiv Marktanteile eingebüßt - und AT&S an Auslastung seiner IC-Substrate-Werke. Der Start der Massenproduktion im neuen IC-S-Werk in Malaysien für den in der Zwischenzeit gewonnenen weiteren Großkunden AMD sollte AT&S entgegenkommen, attraktive Wachstumsdynamik und Margenverbesserung zu erreichen. Auch die Nachfrage nach ICs von Intel verbessert sich, wenn auch noch langsam.“
 
Mit dem Aufbau des neuen Werks in Malaysien soll die geopolitische Abhängigkeit von China reduziert werden, was aber nicht so schnell geht, da große US-Firmen weiter in China fertigen (z.B. Apple mehr als 75 % seiner Produktion). Die Schlussfolgerung von Lion: „Sofern die geopolitische Lage nicht eskaliert, sollte AT&S in zwei bis drei Jahren deutlich besser wirtschaften als heute. Die Unternehmensziele (3 MrdE Umsatz; 27 bis 32 % Ebitda-Marge) sind weiterhin erreichbar und hängen als attraktive Karotte vor den Investoren, die aktuell allerdings negative Szenarien in den Vordergrund stellen - zumindest einige. Sollte sich die Erholung nicht so einstellen wie erwartet, wäre die Hereinnahme eines strategischen Investors eine plausible Gangart.“

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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