Wiener Börse News

Ruhe vor dem Sturm

Christian Sec. | Börsen-Kurier 

Die Industrie macht sich Sorgen um den Standort und fordert Lösungen.

In den vergangenen Jahren ist eine schleichende Deindustrialisierung in Österreich zu beobachten, erklärt die Industriellenvereinigung (IV) gegenüber dem Börsen-Kurier. Laut dem IV haben sich die Investitionen österreichischer Unternehmen in den vergangenen Jahren im Ausland verdoppelt, während die Investitionen in Österreich stagnieren. „Diese Entwicklung ist mit großer Sorge zu betrachten, denn weniger Investitionen in Österreich bedeuten auch zukünftig weniger Innovationen, Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand in unserem Land“, so die IV. 

Die Sorge wird auch durch die Zahlen der OeNB bestätigt. Die Netto-Direktinvestitionen (Unternehmensbeteiligungen österreichischer Investoren im Ausland) betrugen im abgelaufenen Jahr rund 8,9 Milliarden Euro und waren damit doppelt so hoch als die Netto-Direktinvestitionen von ausländischen Unternehmen in Österreich. Das Investitionskapital wird also zunehmend aus Österreich hinausgebracht

„Noch die Waage“

Auch wenn man sich von Seiten der Industrieunternehmen, mit Ankündigungen, zukünftig weniger in den Standort Österreich zu investieren, bedeckt hält, so ist die Unzufriedenheit über die Entwicklungen unübersehbar. „Die Attraktivität in Österreich zu produzieren ist leider in den letzten Jahren gesunken“, so Andreas Klauser, CEO von Palfinger. Jedenfalls halten sich bislang laut Klausner die Neuinvestitionen in Österreich im Verhältnis zum Ausland „noch die Waage“. Mit dem Technologiezentrum in Köstendorf, dem Palfinger Campus und der Palfinger World habe man große Investitionen an den österreichischen Standorten gesetzt. 

Beim Maschinenbauer Andritz liegen die Neuinvestitionen im Fertigungsbereich in Österreich recht konstant, und beliefen sich in den letzten Jahren auf durchschnittlich 7,7 % der gesamten Investitionen im Konzern. „Ein solider Wert für ein Unternehmen, das international in 40 Ländern aktiv ist“, so Norbert Nettesheim, der CFO von Andritz, gegenüber dem Börsen-Kurier. 

Viele Problemfelder

Ein zentraler Hebel für Klauser, die Attraktivität des Standortes zu erhöhen, ist, die Steuern und Abgaben auf Löhne und Gehälter deutlich zu senken. „Damit sich Arbeit lohnt und die Kosten für Unternehmen in einem darstellbaren Rahmen bleiben.“ Die IV schlägt als Interessenvertretung dafür eine Steuerfreistellung bei Überstunden und einen Freibetrag von 5.000 Euro bei einem Wechsel in die Vollzeit vor. Neben dem regulatorischen Rahmen braucht es auch Investments in Fachkräfte, so Klauser. Zwar investiert Palfinger darin, um seinen eigenen Nachwuchs zu sichern, aber dieses Engagement wird nicht ausreichen. „Wir brauchen Politik, die hier unterstützt.“ 

Die überbordende Bürokratie ist den Unternehmen jedenfalls auch ein Dorn im Auge. „Unnötige Bürokratie verschlingt Zeit und Geld, hemmt Innovationen und benachteiligt den Standort Österreich“, erklärt Nettesheim. Konkret erwähnt er die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Unfähigkeit Freihandelsabkommen zu schließen, sowie das EU-Lieferkettengesetz. So werde die Wettbewerbsfähigkeit „willentlich geschwächt“, so Nettesheim.

 

Dieser Artikel wurde zur Verfügung gestellt von:

Börsen-Kurier     Jetzt 4 Wochen gratis testen

Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

Preisinformation

Palfinger AG
Andritz AG