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Office statt wohnen

Christian Sec. | Börsen-Kurier

Rückgang am Wohnungsmarkt kompensieren Immo- und Bauunternehmen mit stärkerem Gewerbefokus.

Nach dem starken Rückgang im dritten Quartal 2022 ist die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten im vierten Quartal 2022 nochmals zurückgegangen, wie die Österreichische Nationalbank in einer Aussendung erklärt. Der „Bank Lending Survey“ der Nationalbank zeigt, dass sich dieser Trend in abgeschwächter Form im ersten Quartal 2023 fortsetzen dürfte. Die steigenden Zinsen und die unsichere Wirtschaftslage sind die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung. Die Folge daraus ist, dass im vierten Quartal erstmals seit 2019 auch der Wohnimmobilienpreisindex der OeNB in einem Quartal zurückgegangen ist. Ähnliches gilt für den deutschen Wohn-Investmentmarkt, der 2022 deutliche Abstriche spürte. Der langjährige Durchschnitt wurde um rund ein Drittel unterschritten, wie eine Studie der BNP Paribas zeigt. 

Austro-AGs reagieren

In diesem Marktumfeld hat die S Immo bereits im dritten Quartal des Vorjahres reagiert und entschieden, sich in Deutschland von Wohnimmobilien zu trennen und die Wertsteigerungen der vergangenen Jahre zu realisieren. Mit dem Verkauf wollte man zusätzliche Liquidität im Unternehmen schaffen um in anderen Märkten höher rentierliche Investitionschancen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund erfolgte dann auch der Ankauf ungarischer Büroimmobilien. Im November wurden acht Objekte in Budapest erworben. Kurz vor Jahresende verkündete die S Immo den Kauf von weiteren sechs Büroobjekten der Immofinanz in Budapest. Der Kaufpreis betrug 244,1 Mio Euro. 

Auch in der Bauwirtschaft wirken sich die Zinserhöhungen der EZB und die gedämpften Aussichten des Wohnbaus aus. Laut Statistik Austria sank die Anzahl baubewilligter Wohnungen im dritten Quartal 2022 um mehr als 21 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Nachfrage im Wohnbau werde zurückgehen, schreibt das Bauunternehmen Porr in seinem Quartalsbericht. Wie bei S Immo versucht Porr den schwächelnden Wohnbaubereich zum Teil durch Zuwächse im Industrie- und öffentlichen Bau zu kompensieren, so das Unternehmen. 

Banken profitieren vom Zinsumfeld

In erster Linie trifft ein verringertes Kreditwachstum naturgemäß vor allem die Banken. Denn eine sinkende Kreditnachfrage schlägt sich, bei sonst gleichen volkswirtschaftlichen Bedingungen, in einem Rückgang des Zinsüberschusses nieder. Jedoch hat sich vor allem das Zinsumfeld im Laufe der letzten Quartale substanziell geändert. Unter Berücksichtigung aller Faktoren prognostizierte die Erste Group bei der Bekanntgabe der Ergebnisse für die ersten drei Quartale 2022, dass für 2023 von einer Verlangsamung des gesamten Kreditwachstums von 5 % im Jahr 2023 auszugehen ist. Man kann dabei annehmen, dass ein großer Teil des Rückgangs der Kreditnachfrage auf den Privatsektor fällt. So zeigt der „Bank Lending Survey“ der OeNB, dass die Kreditnachfrage von Unternehmen im vierten Quartal 2022 weitgehend unverändert blieb. Trotz der insgesamt gedämpften Aussichten für das Wachstum der Kundenkredite ist die Bawag für die kommenden Quartale sehr positiv gestimmt. „Für 2023 wird ein normalisiertes Zinsumfeld erwartet, basierend auf historischen Kursen und einer Rückkehr zu einer stärker marktgesteuerten Dynamik“, erklärt das Geldinstitut gegenüber dem Börsen-Kurier.

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