Die österreichische Wirtschaft erreicht in diesen Wochen den Höchstwert im aktuellen Wirtschaftszyklus. Das gilt auch für die europäische und globale Konjunktur. So erwarten die Wirtschaftsforscher (Statistik Austria und WIFO) in diesem Jahr eine Steigerung beim realen Bruttoinlandsprodukt von 3,2 %, für 2019 wird mit immer noch sehr guten 2,2 % Wachstum gerechnet.
Die wichtigsten Faktoren für die Beschleunigung sind eine verbesserte Inlandsnachfrage und eine sehr gute Konjunktur bei unseren Nachbarländern Tschechien, Slowakei und Ungarn und nicht zuletzt bei unserem Haupthandelspartner Deutschland.
2016 | 2017 erwartet | 2018 erwartet | 2019 erwartet | |
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Reales BIP in % | 1,5 | 2,9 | 3,2 | 2,2 |
Inflationsrate (VPI) in % | 0,9 | 2,1 | 1,9 | 1,9 |
Arbeitslosenrate in % (der Erwerbspersonen) | 6,0 | 5,5 | 5,2 | 5,0 |
Budgetdefizit in % d. BIP | -1,6 | -0,8 | -0,3 | +0,1 |
Quelle: Statistik Austria, WIFO
Bei der Inflation rechnen die Analysten mit moderaten Anstiegen. Bei der Teuerung auf Basis des Verbraucherpreisindex wird nach 2,1 % im Vorjahr nur eine moderate Rate von 1,9 % für jeweils 2018 und 2019 erwartet - trotz einer boomenden Wirtschaft. Der immer engere werdende Arbeitsmarkt hat bisher kaum Auswirkungen auf die Inflation. Der öffentliche Haushalt profitiert von der günstigen Konjunktur und von einem Rückgang bei den Zinsausgaben, die Staatsverschuldung in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geht zurück. Der Bundeshaushalt wird für 2019 erstmals mit einem leichten Plus erwartet (+0,1 % des BIPs).
Die Geldpolitik wird zusehends restriktiver
Zuletzt hat auch die Bank of Japan veröffentlicht, dass sie intern über Ausstiegsszenarios aus ihrem Asset-Kaufprogramm nachdenkt. Bei der Europäischen Zentralbank rechnet man damit, dass sie in den nächsten 12 Monaten ihr Programm ebenfalls beenden wird. Die US-Notenbank Federal Reserve ist diesen Zentralbanken schon voraus und hat zuletzt am 21. März 2018 die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte auf die neue Bandbreite von 1,50 % bis 1,75 % angehoben. Die US Notenbank hat in Ihrer Sitzung auch eine neue Prognose für den Leitzins bis Ende 2019 bekanntgegeben: dieser wird jetzt mit 3,4 %(!) erwartet.
Neue Zölle sind negativ für die Börsen
Der von den USA ausgehende Handelskrieg belastet die Börsen zusehends. Das Risiko einer Eskalation ist angestiegen, zumal die chinesische Regierung jetzt ebenfalls Zölle auf 106 Produkte, die aus den USA stammen, einheben wird. Die neuen Zölle auf Soja, Automobile und chemische Produkte und die harte Rhetorik sind schlechte Nachrichten für die Finanzmärkte.
Technologiewerte und Finanzwerte unter Druck
In den letzten Wochen gerieten Technologiewerte und Finanztitel unter Druck. Der Technologiesektor wurde durch die Facebook-Aktie belastet, die aufgrund ungeklärter Fragen über die Verwendung von User-Daten massiv nachgab. Das regulatorische Risiko steigt damit im Tech-Bereich für viele Geschäftsmodelle der IT-Branche an. Investoren haben daher ihre Positionierungen zu Gunsten von defensiveren Branchen angepasst. Versorgungsunternehmen, Telekomwerte und Immobilienaktien profitieren im aktuellen Umfeld. Banktitel gerieten unter Druck, da sich eine mögliche Verflachung der Zinskurve ungünstig auf die Gewinnmargen auswirken würde.
ATX mit relativ hoher Dividendenrendite von 2,7 %
Der ATX als Leitindex der Wiener Börse konnte auf Jahressicht deutlich zulegen. Mit einem Plus von rund 22 % lag die Performance sogar über jener der Nasdaq (+20 %), Deutschlands (-0,1 %) und deutlich über den Kurssteigerungen der entwickelten Börsen weltweit (+7 %).
Seit Jahresbeginn fällt die Bilanz immer noch passabel aus. Der ATX geriet zwar in den Sog der schwächelnden internationalen und europäischen Börseplätze. Im Vergleich liegt das heimische Aktienbarometer aber immer noch leicht im Plus, während die anderen Aktienindizes ins Minus gerutscht sind. Die Übergangsphase von einer Boom-Wirtschaft zu einer „normalen“ Konjunkturphase bei gleichzeitig restriktiverer Geldpolitik verläuft ruppig und führt in Summe zu erhöhter Volatilität.
Was bleibt sind die positiven Gewinnentwicklungen der börsenotierten Unternehmen. Solange der positive Gewinntrend anhält, werden auch die Aktienkurse diesem Trend folgen. Die Dividendenrendite in Höhe von 2,7 % (per 31.3.2018) bleibt angesichts der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank ein Kaufargument. Solange keine Rezession in Sicht ist, haben Dividendentitel gegenüber Staatsanleihen weiter die Nase vorn.
Wertentwicklung ATX-Index, DAX-Index und MSCI World-Index (- 5 Jahre; per 4.4.2018)
Hinweis: Wertentwicklung ohne Berücksichtigung von Spesen, Gebühren und Steuern; Vergangene Wertentwicklungen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen
Autor:
Paul Severin
Head of Communications Erste Asset Management
Vorstandsmitglied ÖVFA
5. April 2018
Hinweis
Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.