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Marktanalyse: Weltweite Weichenstellungen, weite Wege für den ATX

Uta Pock

Das Jahr 2024 bringt Weichenstellungen auf den verschiedensten Ebenen: Wie beeinflussen die Wahlen von Indien über die Europäische Union und Österreich bis in die USA das wirtschaftliche Umfeld? Wie entwickelt sich der Krieg in der Ukraine? Wechseln die Notenbanken von „behind the curve“ auf die Überholspur? Ist die Inflation tatsächlich überwunden, oder wird sie von neuen Knappheiten wiederum angeheizt? Hält sich die gute Beschäftigungslage? Wie nachhaltig ist die Wende zur Ökologisierung, der Trend zu KI und Dekarbonisierung? All das spielt sich vor dem Hintergrund einer vor allem in Österreich und Deutschland sehr schwachen Konjunktur ab. 

An den meisten Aktienmärkten hat sich trotz der vielen offenen Fragen die Jahresendrallye aus 2023 in den ersten Handelswochen dieses Jahres fortgesetzt. Die Performance des ATX hinkt dabei aber weiter nach. Dabei mag die schwache heimische Industriekonjunktur eine Rolle spielen, weil dem Index mit wenigen Ausnahmen die Titel aus den zur Zeit im Mittelpunkt stehenden Branchen wie Informationstechnologie, Hersteller von Diabetes- respektive Abnehm-Medikamenten oder auch Rüstung fehlen. Für die sich abzeichnende, teils exportgetriebene, teils zyklische und von der Aussicht auf ein günstigeres Investitionsumfeld getriebene Erholung ist der ATX dafür umso besser aufgestellt. Auch Aufholprozesse wie jener der Automobilaktien kommen erst verzögert an, wenn auch die Zulieferer wieder mehr ins Rampenlicht treten.  

Die Bewertungslücke ist enorm. Am 27. Februar lagen die KGV-Schätzungen für den ATX je nach zu Grunde gelegtem Geschäftsjahr zwischen 7,2 (2025) und 7,8 (2024). Die entsprechenden Bandbreiten lagen beim DAX zwischen 9,9 und 12,5 und beim S&P500 zwischen 16,9 und 18,6. Der Weg die Lücke zu schließen ist weit, zumal eine hohe Kapitalisierung eine Eigendynamik hat, die unter anderem mit passiven Portfoliostrategien und der Nachbildung marktbreiter Indizes erklärbar ist. Im Vergleich zum DAX kommt hinzu, dass dieser als Performance-Index die Re-Investition ausgeschütteter Dividenden unterstellt und die Indexzuwächse damit systematisch höher sind als bei Preisindizes wie dem ATX.  Bei Dividendenrenditen von derzeit rund 3% im DAX bzw. knapp 6% im ATX macht das durchaus einen Unterschied. Selbst wenn aufgrund der Branchenstruktur und Marktgröße der Weg zum Schließen der Bewertungslücke zu weit ist, macht auch die Dividendenrendite den Wiener Markt für Anleger attraktiv, und mancher in Wien verpasste thematischer Hype kann sich letztlich als Strohfeuer erweisen. 


Autorin:
Dipl.-Vw. Uta Pock, lic.oec.int.
Senior Research Analyst
29. Februar 2024

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Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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