Sars-CoV-2 hat die Finanzmärkte im Februar enorm belastet. Unternehmen werden unzureichend beliefert und/oder können nur eingeschränkt produzieren. Zu diesem „Angebotsschock“ gesellt sich die Nachfrageschwächung insbesondere bei Reisen, Veranstaltungen sowie durch aufgeschobene Investitionen. Negative Finanzmarktreaktionen wirken dabei über Vermögenseffekte und einen verteuerten Kapitalzugang als Verstärker. Es ist also durchaus rational, dass im ersten Quartal Gewinnerwartungen gekürzt und Aktienquoten in den Portfolios reduziert wurden.
Mittlerweile werden wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen in Aussicht gestellt. Der Rückgang der Neuerkrankungen in China seit Ende Februar deutet darauf hin, dass sich die Hauptbelastung in einem Zeitraum von etwa zwei Monaten abspielen dürfte. Für eine Abschätzung von Dauer und Ausmaß der wirtschaftlichen Schäden drängt sich der Vergleich mit dem ersten Auftreten des verwandten SARS Virus ab Februar 2003 auf. Die stark betroffenen Länder waren China, Kanada, Taiwan, Hong Kong und Singapur. Mit Ausnahme Chinas verzeichneten sie im dem ersten Auftritt folgenden Quartal (Q2) einen BIP-Rückgang (CA -0,15% Q/Q, SI -1,5% Q/Q, HK -2,9% Q/Q, Taiwan -2,9% Q/Q, CN +1,8% Q/Q nach 2,7% im Quartal zuvor). Es kam zu Aktienmarktverlusten, insbesondere in der Reisebranche, und einem fallenden Ölpreis. 2003 erholte sich das BIP in den asiatischen Ländern bereits im Folgequartal der Epidemie deutlich. Auch in Kanada begann es in Q3-2003 wieder zu wachsen, der Verlauf war aber flacher.
Im Unterschied zu SARS ist Sars-CoV-2 ansteckender und nicht auf eine Weltregion beschränkt. Die „Systemrelevanz“ dürfte damit größer sein. Nicht nur finden die direkten Beeinträchtigungen in weit mehr Ländern statt, auch die indirekten Effekte über die Lieferketten vervielfältigen sich. Ein exogener Schock ist für die Wirtschaft in der Regel jedoch leichter verkraftbar als eine endogene Krise wie die Finanzkrise 2008, da mit Wegfall der Belastungen rasch Nachholeffekte eintreten. Setzt man wie oben erwähnt für die jeweilige regionale Hauptbelastung eine Zeitspanne von 2 Monaten voraus, wäre 2020 nach einem ersten und beginnenden zweiten Quartal in Europa mit einer spürbaren wirtschaftlichen Erholung zu rechnen, was die zukunftsorientierten Finanzmärkte schon bald wieder „einpreisen“ dürften. Die fundamental gut aufgestellten Unternehmen der Wiener Börse werden sich teilweise an neue Bedingungen anpassen müssen, bleiben als langfristige Anlage aber auch in der gegenwärtigen, von sehr hohen Risiken geprägten Situation attraktiv.
Autorin:
Dipl.-Vw. Uta Pock
Leiterin Research
VOLKSBANK WIEN AG
3. März 2020
Hinweis
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