Covid-19 hat den österreichischen Aktienmarkt hart getroffen. Viele, teilweise bereits unterbewertete, österreichische Unternehmenstitel wurden im Zuge der globalen Ausbreitung des Coronavirus nochmals stark abgestraft und haben im März teilweise bis zu 50 % ihres Wertes verloren. Inzwischen konnten viele Unternehmen einen Großteil der Verluste wieder aufholen, doch der Markt kämpft mit strukturellen Themen. Nachhaltigkeit könnte künftig einer der wichtigsten Treiber für die österreichischen (börsennotierten) Unternehmen sein.
Die Gründe für die nicht-Covid-19-bedingten Unterbewertungen sind vielfältig: Zum einen ist der österreichische Aktienmarkt ein Randmarkt, der nicht im Zentrum der internationalen Anlegerschaft steht, andererseits sind einige der Unternehmenstitel für große internationale Investoren einfach nicht liquide genug. Darüber hinaus sind viele an der Wiener Börse gelistete Firmen von ihrer Struktur her der „Old Economy“ zuzuordnen. Ihre Geschäftsfelder werden zwar solide geführt, stehen aber, anders als bei den offensichtlich innovationsgetriebenen Unternehmen der „New Economy“, weniger in der öffentlichen und medialen Aufmerksamkeit. Die Verquickung mit Osteuropa – im „alten Normal“ noch von Vorteil – ist aufgrund der zu erwartenden negativen Wirtschaftsentwicklung derzeit eher von Nachteil, auch wenn sich das nach der Covid-19-Pandemie relativ rasch wieder ändern kann.
Und dennoch hat der österreichische Aktienmarkt ein essentielles Merkmal, mit dem er punkten kann: Für viele der gelisteten österreichischen Unternehmen ist Nachhaltigkeit ein wichtiges unternehmensstrategisches Ziel. Einige Firmen, wie beispielsweise Verbund AG, Lenzing AG oder OMV haben in dieser Hinsicht innerhalb ihrer Branchen eine Vorreiterrolle eingenommen. Das führt dazu, dass sie auf entsprechende Indizes gesetzt, und diese wiederum von nachhaltig ausgerichteten ETFs gekauft werden. Dadurch erhöht sich die Liquidität der Unternehmen, was sich positiv auf ihre Attraktivität bei internationalen Anlegerinnen und Anlegern auswirkt. Österreichische Unternehmen leisten so einen wichtigen Beitrag zum „Green Deal“ der Europäischen Kommission und profitieren ihrerseits davon, dass sie aufgrund ihres nachhaltigen Wirtschaftens auch an den internationalen Kapitalmärkten (wieder) gesehen werden.
Autorin:
Ingrid Szeiler
Chief Investment Officer
Raiffeisen KAG
2. Juni 2020
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