Ein Paradoxon des Sommers 2018 ist, dass sich viele Investoren unwohl fühlen, während US-Marktbeobachter gleichzeitig frenetisch neue Rekordstände an den Börsen feiern. Ein Grund hierfür mag sein, dass der Anstieg der US-Börsen im Wesentlichen vom „Growth“-Spektrum (Aktien mit Fokus auf Wachstum) getragen wurde. Denn während die Kurse von „Growth“-Aktien stark anstiegen, schienen sich die Kurse anderer Asset-Klassen ohne klare Tendenz oder gar rückläufig zu entwickeln. Ein Beispiel ist leicht gefunden: Man blicke auf die aktuelle Krise in den Schwellenländern (die unserer Meinung nach noch länger andauern wird). Aber auch die größten europäischen Indizes scheinen sich ohne klare Richtung zu bewegen, während die Peripherie der Eurozone unserer Ansicht nach bald vor Problemen stehen könnte. Damit droht die Divergenz zwischen dem US-Aktienmarkt und dem Rest der Welt immer größer zu werden. Gleichzeitig scheint der Druck auf Investoren zu steigen, an dieser Divergenz zu partizipieren und sich auf die Gewinnerseite zu schlagen. Eine solche Entwicklung ist nichts Neues, sondern ein klassisches spätzyklisches Muster, das wir mit den Märkten der Jahre 1999-2000 vergleichen.
Ein zentraler Risikoherd für die Aktienmärkte sind die sich ändernden Verhältnisse in den Notenbanken. Denn während der Grad an Kapitalbereitstellung durch die Notenbanken reduziert wird, gibt es keine klaren Anzeichen für eine Reflation. Eine Konsequenz daraus sind deflationäre Entwicklungen in den Kursen vieler Vermögenswerte. Angesichts dessen, das wir auch Anzeichen eines steigenden Kreditrisikos vernehmen, wurde unserer Ansicht im Januar 2018 der Beginn vom Ende des seit 2008 andauernden Investment-Zyklus eingeläutet. In den Schwellenländern hat der Aktien-Bärenmarkt bereits zugeschlagen, da diese Märkte besonders anfällig gegenüber dem steigenden Kreditrisiko sind. Der Fokus sollte im aktuellen Quartal daher auf den Erhalt von Kapital gelegt werden.
Autor:
Mag. Thomas Neuhold
Head of Austrian Equity Research
Kepler Cheuvreux
4. September 2018
Hinweis
Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Analysten wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.