Das Nervenkostüm der Kapitalmärkte wurde die letzten Monate ziemlich belastet. Die Zinserhöhungen der Notenbanken haben die Wirtschaftsräume unter massiven Druck gebracht, Refinanzierungen deutlich verteuert und Alternativinvestments bei Anleihen zu Aktien geschaffen. Begleitet wird diese Entwicklung von anhaltenden geopolitischen Spannungen, die sich durch den Krieg in der Ukraine und nun auch durch bewaffnete Konflikte im Nahen Osten manifestieren. Das Tüpfelchen auf dem i ist die Erinnerung an Sars-CoV-2 die uns in Form einer Grippewelle gerade erreicht. Die Effekte daraus sind in Form einer Erhöhung der Volatilität an Aktien- und Anleihemärkten deutlich spürbar. Der Fokus der Aufmerksamkeit liegt dabei aktuell auf der Interpretation des Zustands der Wirtschaftsräume in Verbindung mit Erwartungen bezüglich des kommenden Jahres.
Und da sieht es gar nicht einmal so trostlos aus. Die USA predigen bereits, das Soft Landing geschafft zu haben und auch die EU lässt erkennen, die leichte Rezession mit Ende des Sommers überwunden zu haben. Was zwar weiter eine technische Rezession ergibt, aber bei Weitem keine tiefer gehende. 2024 wird von Volkswirten bereits überwiegend positiv gesehen. Selbst die Fragezeichen bezüglich der Stabilität der chinesischen Wirtschaft werden kleiner, nachdem China eine Aufarbeitung der bestehenden Immobilienprobleme avisiert.
Der Effekt ist, dass wir an unseren Märkten nur mehr einen einzigen Fakt haben den es zu verarbeiten und zu adressieren gilt, nämlich jenen der deutlichen Divergenz der Performance von Großen Werten zu Kleinen Werten. Diese Large to Small Cap Bias ist mittlerweile so groß geworden, dass man von historischen Dimensionen sprechen kann. Die Ursachen dafür sind einerseits pauschale Regeln bei großen Investmenthäusern die einzig die Liquidität in den Fokus rücken und parallel dazu das Investment via ETF oder Indexprodukte adressieren. Beim tieferen Durchblick aber wohl auch nicht die Lösung für Liquiditätssorgen, denn im Falle des Falles sind auch diese Produkte vom Markt abhängig, trotzdem aktuell ein dominanter Faktor.
Mit dem Erkennen einer wirtschaftlichen Erholung noch im Laufe des heurigen Jahres werden wir aber eine Zunahme von M&A und Beteiligungsaktivitäten erkennen. Vielleicht sogar De-Listings. Dann sollten auch die Small Caps wieder in den Fokus rücken dürfen, denn deren Bewertungen sind dermaßen attraktiv geworden, dass ihre Performance deutlich und ausgeprägt sein würde. Und unser heimischer Markt, der ja von dieser Größendiskussion immer wieder getroffen wird, könnte sich erneut in die Spitze der Performance seiner Vergleichsindizes setzen.
Autor:
Wolfgang Matejka, CEFA
Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
2. November 2023
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