Das neue Börsenjahr begann so, wie das alte endete. Nämlich mit Kurszuwächsen an den internationalen Aktienmärkten. Überdurchschnittlich legte bislang der heimische ATX zu, der wie schon in den Monaten davor von der Sektorrotation hin zu „Value“-Aktien, wie Banken und Ölwerten profitierte. Zusätzlich richtete sich der Investorenfokus auch wieder verstärkt auf Small & Mid Cap Unternehmen, was durchaus der Charakteristik der Wiener Börse entspricht.
Der grundsätzlich positiven Grundstimmung an den Weltbörsen zu Jahresbeginn zuträglich war, dass die Demokraten durch die Wahlsiege bei den Wahlen in Georgia nunmehr auch die Kontrolle im Senat haben und folglich die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres massives US-Fiskalpaket angestiegen ist. Die außerordentlichen großen fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie waren es neben den Fortschritten in der Eindämmung des Virus auch, welche die Hausse vom Tief der COVID-19-Krise aus anfachten. So hat das aufgrund der Gesundheitskrise aufgelegte EZB-Wertpapierankaufprogramm PEPP allein ein Gesamtausmaß von EUR 1850 Mrd., was rund 17 % des nominellen BIPs der Eurozone entspricht! Für 2021 erwarten wir durch die medizinischen Fortschritte eine weitgehende Überwindung der Pandemie. Zudem werden aus unserer Sicht die ultraexpansive Geldpolitik und die Ausgaben zur Stimulierung der Wirtschaft weiter Rückenwind für die Anlagekategorie Aktien verbreiten. Hierbei sollte die Kombination aus überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstumsraten raus aus der Rezession (für Österreich prognostizieren wir für 2021 3,5 % reales BIP-Wachstum, für die Eurozone 4,3 %) in Kombination mit den weiterhin sehr günstigen Refinanzierungsbedingungen den Unternehmen in die Karten spielen. Dementsprechend ist bei den breiten Indizes, wie dem S&P 500 oder dem STOXX Europe 600 für das Gesamtjahr 2021 und das Folgejahr von jeweils deutlich zweistelligen Gewinnwachstumsraten auszugehen. Einen deutlichen Rebound erwarten wir auf aggregierter Ebene auch bei der Gewinnentwicklung der ATX-Unternehmen.
Der starke Anstieg der Kurse sorgte allerdings auch für ein deutliches Anziehen der Bewertungen, was bei dem einen oder anderen Marktteilnehmer Sorgenfalten aufkommen ließ. Der Bewertungsanstieg spricht dafür, dass im Hinblick auf Kursanstiege im heurigen Jahr kleinere Brötchen gebacken werden, als in der ersten Phase raus aus der COVID-19-Krise. Die Bewertungsniveaus relativieren sich aber durchaus, wenn man die in den nächsten Jahren sehr stark erwartete Gewinnentwicklung im Auge hat. Des Weiteren weiß der breite europäische Aktienmarkt und insbesondere auch der ATX im Vergleich zum sehr teuren Rentenmarkt noch zu überzeugen.
Auch aus Sentiment-Sicht gibt es mittlerweile Warnsignale, die darauf schließen lassen, dass die Stimmung schon etwas überhitzt ist. Insofern sollte der eine oder andere zwischenzeitliche Rücksetzer im heurigen Jahr nicht überraschen.
Fazit: Wir erwarten, dass erfolgreiche Impfstrategien im Laufe des Jahres zu einer Überwindung der Pandemie führen. Die Kombination aus einer weiterhin sehr expansiven Geld- und Fiskalpolitik sollte zudem für überdurchschnittliche Wirtschaftswachstumsraten und Gewinnanstiege sorgen. Die mittlerweile deutlich angezogenen Bewertungslevels und das da und dort schon überhitzte Sentiment sprechen aber letztendlich auch dafür, dass die Aufwärtsbewegung 2021 merklich weniger dynamisch ausfällt als in den letzten Monaten.
Autor:
Mag. Christian Hinterwallner, MBA, CEFA
Head of Equity Research
Raiffeisen Research / Raiffeisen Bank International
14. Jänner 2021
Hinweis
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