Wir erwarten eine Fortsetzung der erratischen Kursbewegung an den Aktienmärkten bis Oktober. Die Wirkungslosigkeit der Notenbank-Bemühungen das Investorenvertrauen wieder herzustellen ist zunehmend offensichtlich. Die wichtigsten US-Aktienindizes sind nicht weit von ihren Allzeithöchstständen entfernt. Dennoch hat die Nachfrage nach sicheren Anlageformen deutlich zugenommen.
Das wohl eindeutigste Zeichen einer Zunahme der Nachfrage nach sicheren Anlagen ist die Beschleunigung der Nachfrage nach langlaufenden USD-Staatsanleihen. Ist gibt keinerlei Anzeichen eines bevorstehenden wirtschaftlichen oder Finanzmarktschocks, zumindest nicht aus einer US-Perspektive, der dies rechtfertigen würde. Natürlich ist die Nachrichtenlage bezüglich des globalen Wachstums und Handels nach wie vor enttäuschend. Aber es ist keine wesentliche Verschlechterung der Nachrichtenlage eingetreten, außer dass die Angst vor einen Abschwung mittlerweile chronisch ist. Selbstverständlich sollte man das Warnsignal einer möglichen Rezession durch die Inversion der US Zinskurve nicht außer Acht lassen. Aber es wäre unehrlich den Einfluss der massiven Verzerrungen, die durch die zunehmenden Interventionen der Notenbanken seit der Finanzkrise entstanden sind, zu ignorieren.
Wir glauben daher, das eigentliche Thema ist nicht eine potentielle Rezession, sondern Reflation. Die Alternative wäre eine finanzielle Repression für jeden, einschließlich der USA. Zurzeit ist der Investoren Konsensus dazu geneigt zu glauben, dass die amerikanische Reflation nicht gelingen wird. Die nahezu ekstatische Nachfrage nach langlaufenden Staatsanleihen ist eine Option auf dieses Versagen. Die Debatte hat aber gerade erst begonnen.
Nach Oktober glauben wir an eine Verbesserung der Nachrichtenlage über das Wachstum der globalen Produktion und des Handels. Nichtsdestotrotz erwarten wir zumindest ein Antesten wichtiger Unterstützungszonen an den Aktienmärkten, z.B. die 2800-Marke im S&P500. Wir glauben sogar, dass die Tiefstkurse vom Mai-Juni in den US Aktienmärkten nochmals erreicht werden bevor wir eine nachhaltige Erholung zum Jahresende sehen. Dies bedeutet der S&P500 könnte nochmals auf das Niveau von 2670-2700 Punkten fallen. In diesen Fall könnte der DJ EuroStoxx50 auf 3100 Punkte zurückgehen. Mit anderen Worten: Warten sollte sich auszahlen!
Autor:
Thomas Neuhold, CFA
Head of Austrian Equity Research
Kepler Cheuvreux
6. September 2019
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