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Kaufen als Überlebensstrategie

Christian Sec | Börsen-Kurier 

Das Erfordernis, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, wird M&A-Aktivitäten erhöhen.

In Österreich sank die Zahl der Unternehmenstransaktionen 2023mit österreichischer Beteiligung um 24 % von 297 auf 227. Jedoch rechnen Unternehmensberater wie EY oder PwC mit einer deutlichen Steigerung der M&A-Aktivität. Neben dem verbesserten Zinsumfeld könnte die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle neu zu erfinden, zu einer verstärkten Transaktionsdynamik in den nächsten Jahren beitragen. Laut einer PwC-Umfrage bezweifeln immerhin 31 % der CEOs in Österreich, dass sie ohne Weiterentwicklung ihres Unternehmens über das nächste Jahrzehnt hinaus überlebensfähig sein werden. 41 % der CEOs in Österreich planen zumindest eine Übernahme in den nächsten drei Jahren. 

Investieren in Kreislaufwirtschaft

Einen der größten Deals bislang in diesem Jahr dürfte der Hersteller von Feuerfestprodukten RHI Magnesita im Visier haben. Der Konzern gab im April seine Absicht bekannt, die Resco Group, einen in den USA ansässigen Hersteller von Feuerfestmaterialien, für bis zu 430 Millionen USD übernehmen zu wollen.

Das US-Unternehmen generierte 2023 einen Umsatz von 252 Millionen USD und ein EBT von 20 Millionen USD. RHI begründet die Übernahme damit, dass derzeit rund 50 % des US-Umsatzes nicht im Land produziert werden. Mit dem Kauf erhöhe sich die Produktionskapazität in den USA und Kanada, indem signifikante Produktionsvolumina von außerhalb der USA in das Resco-Werk wandern. Die Restrukturierung der Lieferketten soll einmalige Kosten von 60 Millionen Euro verursachen. 

An der M&A-Aktivität österreichischer Unternehmen lässt sich auch die zunehmende Bedeutung von Kreislaufwirtschaft und Energiewende ablesen. Die OMV-Tochter Borealis hat schon 2023 Recyclingunternehmen in Italien (Rialti) und Belgien (Renasci) übernommen. Im April 2024 verkündete die Borealis den Abschluss der Übernahme von Integra Plastics, einem bulgarischen Unternehmen für mechanisches Recycling. Damit erhöht sich die Recyclingkapazität von Borealis um mehr als 20.000 Tonnen. 

Im Mai 2024 vermeldete der Ziegelhersteller Wienerberger die Übernahme von GrainPlastics, einem führenden Anbieter von Kabelschutzlösungen in den Niederlanden, mit rund 80 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 30 Millionen Euro. Mit der Akquisition erhöht Wienerberger den Anteil von Sekundärrohstoffen in der Rohrproduktion von derzeit 9 auf 15 %, bzw. den Anteil an Recyclingmaterial in der Rohrproduktion in den Niederlanden um rund 65 %. Seit 2020 hat Wienerberger laut eigenen Angaben mehr als 400 Millionen Euro für Wachstumsinitiativen im Rohrgeschäft und Übernahmeprojekte in der Region aufgewandt. 

Konkurrenz kaufen

Neben dem Megatrend Nachhaltigkeit sorgt auch der Trend zur Automatisierung für Transaktionsdynamik. Der Maschinenbauhersteller Andritz übernahm die NAF AB, einen schwedischen Lieferanten für Prozessregelventile für die Zellstoff- und Papierindustrie, mit 50 Mitarbeitern. 

Die Akquisition soll vor allem das Angebot im Bereich Automatisierung und Digitalisierung in diesem Geschäftssegment ergänzen. Schlussendlich ist es auch immer gut einen Konkurrenten ins eigene Boot zu holen. 

Im März verkündete Pierer Mobility die Übernahme der Mehrheitsanteile an dem italienischen Motorradhersteller MV Agustadurch die Pierer-Tochter KTM. Bereits 2022 hatte KTM 25,1% übernommen. Nun wurde eine Call-Option zum Erwerb weiterer 25 % an der Kultmarke ausgeübt. Mittelfristig ist geplant, 10.000 Motorräder im Premium-Segment am Agusta-Standort in Varese herzustellen. 

In der Moto GP könnte es also bald zu einem Duell unternehmensinternen Duell zwischen KTM MV Agusta und Red Bull KTM kommen.

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