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Im permanenten Stresstest

Christian Sec | Börsen-Kurier

Stärkung der Resilienz gegenüber disruptiven Entwicklungen ist Gebot der Stunde.

Das Ausmaß an Disruption, dem Unternehmen heute ausgesetzt sind, hat sich laut einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture in den vergangenen fünf Jahren um 200 % erhöht. 
Damit ist die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen wichtiger denn je geworden. Die Studie zeigt, dass weniger als ein Fünftel der 1.615 analysierten Unternehmen während und nach disruptiven Ereignissen profitables Wachstum aufrechterhalten konnte. Vor allem in der Outperformance in den Bereichen Technologie und Human Resources kann die Wahrscheinlichkeit für eine höhere Resilienz sogar vervierfacht werden, zeigt die Studie.

Stabilität als Zykliker

Der Baumaschinenhersteller Palfinger ist ein Beispiel, das zeigt, dass man trotz hoher Exponiertheit im zyklischen Baugewerbe stabile Ergebnisse erzielen kann. Im ersten Halbjahr verzeichnete der Konzern ein Ergebnis von 68,3 Millionen Euro, was sogar jenes des Vorjahres übertraf - dem besten in der Unternehmensgeschichte. Fritz Mostböck, Chefanalyst der Erste Group Bank, fasste im Wiener-Börse-Podcast die langfristige Entwicklung von Palfinger seit dem Börsengang 1999 zusammen: Umsatzsteigerung von 900 %, Mitarbeiterwachstum von 800 %, Ergebniszuwachs von 550 %, Dividendenwachstum von 650 % und Kursanstieg von 460 %. Und das, trotz Herausforderungen wie der Finanzkrise 2008 und der Corona-Pandemie 2020. 

Eine ausgewogene globale Diversifikation, wie sie Palfinger mit rund 25 % des Umsatzes in den USA vorweist, trägt zur Resilienz bei. Zudem konnte die Ebitda-Marge konstant gehalten werden und gegenüber dem Vorjahr leicht gesteigert werden, was zeigt, dass die Preise weiterhin gut an die Kosten angepasst werden können. Mittelfristig sieht Palfinger jedoch den Fachkräftemangel als strategisches Risiko, das die Resilienz beeinträchtigen könnte.

Ausfalls- und Liquiditätsrisiko

Resilienz bedeutet auch eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem Risiko des Ausfalls der Produktion aufgrund von Versorgungsengpässen und dem Liquiditätsrisiko. Während der Lageraufbau das Versorgungsrisiko senkt, reduziert dieser Vorgang jedoch gleichzeitig die finanzielle Resilienz. Die frühzeitige Risikoerkennung spielt daher eine zentrale Rolle für die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Faktoren.

Wienerberger aktualisiert regelmäßig seinen Risikokatalog im Dialog zwischen Vorstand, regionalen Verantwortlichen und Corporate-Function-Leitern. Dabei werden strategische und operative Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifiziert, deren Auswirkungen auf den Cash-flow bewertet und entsprechende Maßnahmen umgesetzt. Derzeit steht die Reduktion des Working Capitals und der Lagerbestände, um den Cashflow zu verbessern und die finanzielle Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, ganz oben auf der Agenda des Unternehmens. 

Die voestalpine konnte trotz rückläufiger Ergebnisse den Cashflow aus der Betriebstätigkeit im Geschäftsjahr 2023/24 signifikant um mehr als die Hälfte steigern. Ausschlaggebend dafür war der Abbau des Nettoumlaufvermögens. Insgesamt reduzierte der Konzern seine Vorräte im abgelaufenen Geschäftsjahr um 586 Millionen Euro. Der Kartonhersteller Mayr-Melnhof verringerte seine Lager um 150 Millionen Euro.
 

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Hinweis

Die Wiener Börse AG verweist ausdrücklich darauf, dass die angeführten Informationen, Berechnungen und Charts auf Werten aus der Vergangenheit beruhen, aus denen keine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung oder Wertbeständigkeit gezogen werden können. Im Wertpapiergeschäft sind Kursschwankungen und Kapitalverluste möglich. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und stellt keine Finanzanalyse oder Anlageempfehlung der Wiener Börse AG dar.

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