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„Guter Einstiegszeitpunkt für Immobilienaktien“

Viele Immo-Aktien werden zu Kursen gehandelt, die nur einen Teil des Marktwerts der Immobilien widerspiegeln. 

Patrick Baldia | Börsen-Kurier

Die kürzlich präsentierten Zahlen für das zweite Quartal haben eines gezeigt: die Lage der heimischen Immobilien- Aktiengesellschaften ist bei weitem nicht so schlimm wie befürchtet. „Eindeutig gebessert hat sich die Visibilität“, sagt Christoph Schultes, Analyst bei der Erste Group, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Er verweist etwa auf die CA Immo, die zuletzt für das Gesamtjahr 2020 eine Guidance - konkret einen FFO von mindestens 125 Mio Euro – gegeben hat. Das Unternehmen habe aufgrund seines Büro-Fokus von allen heimischen Playern bislang aber auch am wenigsten unter Covid-19 gelitten.

Bei den heimischen börsennotierten Immobilien-Konzernen wurde das zweite Quartal jedenfalls von Neubewertungen geprägt. Für Oliver Simkovic, Analyst bei der Raiffeisen Centrobank (RCB), haben dabei zwei Faktoren eine Rolle gespielt: Einerseits weniger Cashflows aus Einzelhandels- und Hotelmietverträgen. Andererseits wären bei gewissen Büroimmobilien die Bewertungen leicht zurückgegangen. „Diese Erfahrung mussten etwa S Immo und CA Immo bei Objekten im CEE-Raum machen“, so Simkovic. Die CA Immo habe das aber durch Bewertungsanstiege in Deutschland gut kompensieren können.

Wie der Börsen-Kurier in der vergangenen Woche berichtete, lag das Neubewertungsergebnis bei der CA Immo im ersten Halbjahr bei -27 Mio Euro. Bei der Immofinanz stand sogar ein Minus von 143 Mio. Euro zu Buche, das in erster Linie Retail- aber auch Büroimmobilien betraf. Die S Immo verzeichnete mit 10,2 Mio Euro wiederum ein positives Ergebnis aus der Immobilienwertung. Bei der UBM beliefen sich die Erträge aus Fair-Value-Anpassungen auf Finanzimmobilien auf 69,9 Mio Euro. „Aufgrund der Covid-19-Pandemie musste das Unternehmen aber bei Hotelbetreibergesellschaften Wertberichtigungen vornehmen, wobei die Wertansätze (rund 15 Mio. Euro) fast zur Gänze abgeschrieben wurden“, erklärt Schultes.

Bei der RCB geht man bei den Einzelhandelsmieten für das Gesamtjahr von einem Einbruch von 15 % aus. „Der Einzelhandelsbereich könnte weiterhin schwierig bleiben, jedoch war vor allem bei Fachmarktzentren nach dem Lockdown eine recht schnelle Erholung zu beobachten“, so Simkovic. Tatsächlich haben viele Fachmarktzentren mittlerweile wieder dieselbe Besucherfrequenz wie vor Corona, manche sogar eine höhere. Sie dürften davon profitieren, dass viele Menschen zielgerichtet und sicher bzw. mit dem Auto einkaufen wollen.

Massiv gelitten haben jedenfalls Hotels. „Umso problematischer ist es, wenn man sie selbst betreibt, was vor allem die S Immo zu spüren bekommen hat“, so Schultes. Er geht davon aus, dass es noch zwei, drei Jahre dauern wird bis im Hotelbereich eine Normalisierung einkehrt. UBM und Warimpex kommt jetzt sicherlich zugute, dass sie von der Assetklasse abgerückt sind. So hat etwa die Warimpex ihr Hotelportfolio auf zwei Häuser (in St. Petersburg und Darmstadt, Anm.) reduziert. Die UBM hat wiederum bereits vor Covid-19 die Assetklassen Wohnen und Büro forciert und diesen Trend coronabedingt noch einmal beschleunigt.

Für Experten hat vor allem eine Assetklasse wirklich gewonnen: Wohnen. Sehr stabil entwickelt hat sich bei den heimischen Playern das Bürosegment. Zuletzt haben etwa CA Immo und Warimpex neue Flächen vermietet. „Das zeigt, dass die Nachfrage da ist – auch wenn sie etwas schwächer ist als vor Corona“, so Simkovic. Der Trend zum Homeoffice mache sich in der Auslastung noch nicht bemerkbar. Da die meisten Mieter langfristige Mietverträge hätten, sei es nicht so einfach, Flächen kurzfristig aufzugeben. Auf längere Sicht könnte der Büroflächenbedarf aber zurückgehen. „Den kompletten Untergang der Büroimmobilien werden wir aber auch nicht sehen“, so der RCB-Analyst.

Das Portfolio der Immofinanz (Bestandsportfolio nach Buchwert: 64 % Büro, 35 % Einzelhandel, Anm.) hält Schultes für „eigentlich gut“. „Was die Anleger stört, ist, dass man nicht weiß, was das Unternehmen vorhat“, sagt er. Für Unverständnis sorgten bekanntlich die Kapitalmaßnahmen weit unter Buchwert und NAV. Nach wie vor halte sich das Unternehmen bedeckt, was mit dem bei der Kapitalerhöhung und der Emission der Plichtwandelanleihe eingenommenen Mitteln geschehen soll. Dabei verfüge sie über mehr als ausreichend Liquidität. Diese liege bei der Hälfte der Marktkapitalisierung.

Positiv schätzt Simkovic ein, dass die Bilanzen der heimischen Immobilien-Aktiengesellschaften besser sind als vor der Finanzkrise. Sorgen um einen „Financial Squeeze“ hätten sich nicht materialisiert. „Die Banken finanzieren und refinanzieren nach wie vor Immobilienprojekte – besonders im Wohn- aber zum Teil auch im Bürobereich“, so Simkovic. Ein weiteres Argument für Immobilienaktien sind aber sicherlich auch die aktuellen Bewertungen. „CA Immo, S Immo und Immofinanz werden zu Kursen gehandelt, die nur einen Teil des Marktwerts der Immobilien widerspiegeln“, so Schultes.

Nachsatz: „Für Anleger ist es sicherlich ein guter Zeitpunkt, um die attraktiven Kursniveaus der heimischen Immobilien AGs zu nutzen.“

 

 

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