Christian Sec | Börsen-Kurier
Handelskriege und Nachhaltigkeitsthema forderen neue Wege beim Supply-Chain-Management.
Vor der Pandemie waren die globalen Logistiknetzwerke gut geölte Rädchen, die im Hintergrund arbeiteten, die Weltwirtschaft am Laufen hielten und selten hinterfragt wurden. Die Zeit der Pandemie hat jedoch gezeigt, dass diese globalen Supply Chains auch verwundbar sind. Die geopolitischen Unsicherheiten, einschließlich eines potenziellen Handelskrieges mit hohen Zöllen, die insbesondere die globalen Lieferketten betreffen, haben sich seither nicht verringert und erfordern von den Unternehmen entsprechende Maßnahmen.
Der Sensorenhersteller ams-Osram etwa verlagert die Produktion von China nach Malaysia, um auf Zölle besser vorbereitet zu sein, erklärt Aldo Camper, CEO des LED-Unternehmens. Auch Rosenbauer, der bekannte Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen, hat den bereits kleinen Anteil an direkten Zukäufen aus China weiter reduziert und richtet diesbezüglich seinen Blick in Richtung Osteuropa, wie das Unternehmen gegenüber dem Börsen-Kurier bekanntgibt. Rosenbauer achtet beim Einkauf von Vorprodukten und Rohmaterialien auf ein möglichst lokales Sourcing. So kauft das Unternehmen mehr als 80 % des Materials, das die europäischen Werke benötigen, in Europa ein. In den USA ist der Anteil lokal beschafften Materials noch höher, erklärt der Konzern. Generell setze Rosenberger, wo es möglich sei, auf Dual Sourcing, um nicht von einem einzigen Lieferanten abhängig zu sein. Auch Andritz hat im vergangenen Jahr gezielt die Diversifizierung und Stabilität seiner Lieferketten gestärkt, erklärt Vitz Solveig, Vizepräsident des Supply Managements von Andritz, uns gegenüber.
ESG-Lieferanten
Neben den möglicherweise bevorstehenden Handelskriegen sind stetig steigende Nachhaltigkeitsanforderungen an die Lieferketten von höchster Bedeutung für die Unternehmen. Ab 2027 müssen die Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 1,5 Milliarde Euro die EU-Lieferkettenrichtlinie umsetzen, danach folgen in Jahresschritten die nächstgrößeren. Die Unternehmen sind dabei entlang ihrer Lieferkette für die Einhaltung von Menschenrechten und Nachhaltigkeit bei ihren Lieferanten verantwortlich. Ein Verstoß gegen die Richtlinie sieht rigorose Strafen vor (bis zu 5 % des weltweiten Umsatzes plus Schadenersatzpflicht).
Bei Andritz sind seit 2024 ESG-Bewertungen für 30.000 Lieferanten im digitalen Freigabeprozess des Unternehmens integriert, so Solveig. Die erschwerten Bedingungen - inklusive hoher Monitoring-Kosten für das Supply-Chain-Management - könnten jedenfalls die Rückwärtsintegration attraktiver machen. Das heißt: Unternehmen übernehmen in Zukunft Tätigkeiten, die zuvor von Zulieferern oder vorgelagerten Unternehmen in der Wertschöpfungskette ausgeführt wurden.
Ein Beispiel für solch eine Rückwärtsintegration ist Lenzing. Der Holzfaserhersteller hat 2022 in Brasilien ein Zellstoffwerk in Betrieb genommen, das maßgeblich dazu beitragen soll, die Eigenversorgung mit Faserzellstoff zu stärken. Zusätzlich hat sich der Betrieb einen 44.000 Hektar großen Nutzwald für die Bereitstellung der Biomasse gesichert. Das Werk stärkt damit, laut eigener Aussage, die Rückwärtsintegration des Konzerns, um so von Zulieferern unabhängig zu sein. Die Projekt-Investitionssumme betrug insgesamt rund 1,3 Milliarden US-Dollar.
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