Jens Korte | Börsen-Kurier
Der Bondmarkt als letzte Bastion
Die Wahl von Donald Trump hat die „Animal Spirits“ (Anm. „Lebensgeister“ vom lateinischen „spiritus animales) an der Wall Street geweckt - zumindest am Aktienmarkt. Der Dow Jones hat erstmals in der Geschichte 44.000 Punkte erreicht. Der S&P 500 Index hat erstmals 6.000 Zähler erreicht. Der Russell 2000, der Small und Mid Caps abbildet, legte alleine am Tag nach der Wahl mehr als 5 % zu. Die Aktie von Elon Musks Tesla stieg in den drei Tagen nach der Wahl um fast 30 %. Damit hat das Unternehmen eine Bewertung von über einer Billion erreicht. Kryptowährungen drehten ebenfalls auf. Über das Wochenende erreichte der Bitcoin erstmals einen Preis von 80.000 USD.
Trump und die Republikaner haben auf breiter Front abgeräumt. Er wird am 20. Jänner als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Die Republikaner können wohl die Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Den Senat konnten sie von den Demokraten zurück erobern. Der Supreme Court wird ohnehin von konservativen Kräften dominiert. Damit kann Trump fast schalten und walten, wie er will. Die Börse jubelt.
Das war zumindest die erste Reaktion. Die Aussicht auf tiefere Steuern und weniger Regulierung haben die Kräfte freigesetzt. Während die Freude am Aktienmarkt kaum Grenzen kannte, scheinen die Akteure am Bondmarkt deutlich skeptischer zu sein. Die Preise der US-Anleihen fielen, und die Renditen „drehten auf“. Die Bond-Trader glauben nicht daran, dass die geplanten Steuersenkungen durch höhere Zölle ausgeglichen werden können. Die Schuldenlage in den USA ist in den vergangenen Jahren ohnehin schon in prekäre Sphären gestiegen. Zudem könnten eine zu rigide Immigrationspolitik sowie hohe Zölle inflationäre Kräfte freisetzen, was zu höheren Zinsen führen könnte.
In der Historie gibt es ausreichend Beispiele, dass der Anleihemarkt ganze Regierungen in die Krise führen kann. In Großbritannien war das erst vor zwei Jahren der Fall. Marktturbulenzen in Folge von geplanten Steuersenkungen bedeuteten letztlich das Aus der Premierministerin. In den USA geriet Bill Clinton beim „großen Bondmassaker“ 1994 massiv unter Druck. Letztlich überdachte er seine Schuldenpolitik, und in der Folge war er der letzte US-Präsident, dem sogar ein kleiner Haushaltsüberschuss gelang. James Carville, der damalige Politstratege von Clinton, sagte dazu: „Wenn er wiedergeboren werden sollte, dann würde er gerne als Bondmarkt zurückkehren. Denn dann könne er jeden einschüchtern.“
Die nächsten Monate dürften spannend werden, ob auch Trump und seine Berater etwas weiche Knie bekommen?!
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