Im vergangenen Oktober waren die Börsen von einer erkennbaren Neubestimmung erfasst. Hatten zu Beginn des Monats noch die Sorgen um Handelskrieg, Brexit und Chinas Wirtschaft die Märkte bestimmt, begann man sich inmitten des Monats langsam aber doch Gedanken um das kommende Jahr zu machen. Und da dürften die Erwartungen doch deutlich zu negativ enthalten gewesen sein. Es machte sich nämlich die eine oder andere unerwartete Unterstützung vonseiten der Politik auf den Weg. So tönen die USA und China mittlerweile versöhnlicher gegeneinander, machen die Briten endlich mit ihrer Wahl Ernst und klären somit erst in ein paar Monaten auf welche Art der Brexit überhaupt passieren soll, und last but not least kommt langsam aber doch so etwas wie Fiskalpolitik in Euroland auf die Beine. Frankreich und Deutschland haben sich bereits auf Förderungen, Investitionen und pauschal gesagt leise wirtschaftliche Unterstützung verständigt. Kein Wunder, denn die Politik der Negativzinsen, die die EZB nach wie vor als Mittel einsetzt, beginnt die Wirtschaftskreisläufe in Euroland zu schwächen und das sollte vermieden werden.
Österreich hatte in diesem Umfeld einen Sonderstatus durch die Wahl im September und mauserte sich langsam aber doch wieder zu einem der europäischen Bestperformer heran. Gut so, denn der Ibiza-Skandal hatte viele Investorinnen vergrault und somit den österreichischen Aktienmarkt wieder hinter viele andere Märkte geworfen.
Dieser Aufholprozess wird nun durchaus kräftig nachgeholt. Man beginnt auch innerhalb der Sektorenselektion sich mehr an die zyklischen und konjunktursensiblen heran zu trauen. Die Bewertungen dieser Branchen sind ohnehin bereits auf historisch enorm tiefen Niveaus angelangt. Sehr viel Negatives wurde hier bereits in die Kurse gepreist. Dazu kommt noch, dass es in den USA gerade zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums kommt. Mitunter eine Folge der Handelskriege, aber auch ein Nachlassen der dortigen unterstützenden Faktoren wir Aktienrückkäufe oder Steuererleichterungen. Zeit daher für die US-Investoren sich auch wieder einmal nach Europa zu bewegen, um die hierzulande vorhandenen Schnäppchen einzusammeln.
Es sieht daher für den Rest des Jahres nicht mehr so schlecht aus, wie es noch vor einigen Monaten von einigen Marktteilnehmern befürchtet worden war. Man beginnt wieder an die Selbstheilung von Kapitalmärkten zu glauben. Natürlich werden die konjunkturdämpfenden Faktoren nicht so schnell wieder verfliegen, aber die Stimmungslage könnte sich bald wieder aufhellen und das ist ja der wichtigste Motor künftiger Investitionen ins Wachstum. Es ist daher eine gute Entwicklung der Aktienbörsen zu erwarten. Naturgemäß werden bei solchen Entwicklungen zuerst die größeren und daher liquiden Werte gekauft, danach folgen aber die kleineren und fundamental attraktiveren Titel. Stockpicking und das Entdecken von Börsenstories werden dann wieder belohnt werden.
Autor:
Wolfgang Matejka, CEFA
Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH
6. November 2019
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