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wiiw: Mittel-Osteuropa wächst trotzt Wirtschaftskrise in Deutschland

16.10.2024, 12:10:00

Rezession in Deutschland bremst Volkswirtschaften der Region "wie ein Mühlstein" - Russland 2024 mit stärkstem Wachstum seit Ukraine-Invasion

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Nach der Pressekonferenz mit mehr Details zur Ukraine und Polen sowie zu den verschärften Bedingungen in Russland für den Rückzug ausländischer Unternehmen.
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Obwohl einige Länder Zentral- und Osteuropas
erheblich unter der Rezession in Deutschland leiden, wachsen ihre
Volkswirtschaften deutlich kräftiger als die Eurozone und die Region
holt ökonomisch weiter auf. Russland gehört zu den Ländern mit dem
stärksten Wirtschaftswachstum - das Wiener Institut für
Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) hat seine
Wachstumsprognose für das mit westlichen Sanktionen belegte Land
neuerlich nach oben korrigiert.
Tschechien, die Slowakei und Ungarn, aber auch Rumänien sind mit
der schwächelnden deutschen Industrie eng verflochten. "Die Krise in
Deutschland lastet wie ein Mühlstein auf vielen Volkswirtschaften
der Region und begrenzt ihre Wachstumsaussichten", sagt der
Hauptautor der Herbstprognose für die 23 Länder der Region, der
stellvertretende wiiw-Direktor Richard Grieveson.
Das manifestiere sich auch in der sinkenden Produktion in der
Automobilindustrie, deren Exporte etwa in der Slowakei rund ein
Drittel der Wirtschaftsleistung ausmachen und auch in Tschechien,
Slowenien und Ungarn etwa 15 Prozent des BIP entsprechen. Allerdings
vollziehe sich dieser Produktionseinbruch zeitverzögert, weshalb
hier noch weiteres Ungemach zu erwarten sei. Haupttreiber des
Wachstums in den EU-Mitgliedern Ostmitteleuropas bleibe der private
Konsum aufgrund stark steigender Reallöhne, während die Industrie in
der Rezession stecke.
Das wiiw hat in seiner aktuellen Prognose die
Wachstumserwartungen für die EU-Mitglieder der Region um 0,4
Prozentpunkte gegenüber der Sommerprognose reduziert und sagt ihnen
nun für 2024 ein Wachstum von durchschnittlich 2,2 Prozent voraus.
2025 soll es auf 2,9 Prozent anziehen. Damit dürften diese Länder
sowohl heuer als auch im nächsten Jahr die Eurozone (2024: 0,6
Prozent Wachstum; 2025: 1,4 Prozent) wieder bei Weitem übertreffen
und ihren ökonomischen Aufholprozess fortsetzen.
Die Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn
sowie Slowenien werden nach Einschätzung der wiiw-Ökonomen 2024 im
Durchschnitt um 2,3 Prozent expandieren und ihr Wachstum 2025 auf
3,1 Prozent steigern. Spitzenreiter beim Wachstum unter den
östlichen EU-Mitgliedern ist Polen, und zwar sowohl heuer (3,1
Prozent) als auch im nächsten Jahr (3,7 Prozent). Während Polen
früher von der Nähe zu Deutschland profitierte, ist die polnische
Wirtschaft jetzt trotz der Nähe zu Deutschland erfolgreich. Das
liege einerseits an der Größe der polnischen Volkswirtschaft, durch
die sie widerstandsfähiger sei, erklärte Grieveson. Vor allem aber
bekomme das Land unter der neuen polnischen Regierung viel mehr Geld
aus den EU-Fonds.
In Südosteuropa schwächt sich die Konjunktur im bisher
florierenden Rumänien auf heuer 2 Prozent Zuwachs ab (2025: 2,5
Prozent), während Kroatien sowohl dieses (3,3 Prozent) als auch
nächstes Jahr (3,0 Prozent) vergleichsweise kräftig zulegen soll.
Die sechs Staaten am Westbalkan werden demnach sowohl 2024 als auch
2025 im Schnitt um 3,4 Prozent expandieren, die Türkei 2024 um 3,4
Prozent und 2025 um 4,0 Prozent.
Seine Prognose für das stark auf Kriegswirtschaft ausgerichtete
Russland hat das wiiw um 0,6 Prozentpunkte erneut nach oben
revidiert: Die Wirtschaftsleistung des wegen seines Angriffs auf die
Ukraine sanktionierten Landes soll heuer um 3,8 Prozent zulegen und
damit noch stärker wachsen als 2023 (3,6 Prozent). Im kommenden Jahr
soll sich das Wachstum aber auf 2,5 Prozent abschwächen. Die
Kriegskosten spürt Russland kaum: Das Budgetdefizit wird laut wiiw
heuer voraussichtlich 1,5 Prozent des BIP betragen und 2025 auf 1
Prozent sinken. Zum Vergleich: Für Österreich gehen Wifo und IHS
heuer von einem Defizit in Höhe von 3,7 bzw. 3,5 Prozent des BIP
aus.
Die Wirtschaft der Ukraine, die 2022 um fast ein Drittel
eingebrochen ist, kommt hingegen kaum vom Fleck, mit einem Wachstum
um 2,7 Prozent in diesem und 3,3 Prozent im kommenden Jahr. Die
Ukraine leidet wegen der Mobilisierung zusätzlicher Soldaten
zunehmend unter einem Fachkräftemangel und der systematischen
Zerstörung ihrer Energie-Infrastruktur. "Im heurigen Winter könnte
der Ukraine rund ein Drittel des benötigten Stroms fehlen", sagt die
Ukraine-Expertin des wiiw, Olga Pindyuk. Wegen der hohen
Kriegsausgaben kann sich das Land nur noch mit westlicher Hilfe
finanzieren. Das Budgetdefizit wird 2025 bei 35 Mrd. US-Dollar (32
Mrd. Euro) oder rund 16 Prozent des BIP zu liegen kommen.
Von der westlichen Militärhilfe hingegen würden wirtschaftlich
die westlichen Länder selbst profitieren. "Das gesamte Geld, das die
USA für Rüstungslieferungen an die Ukraine ausgeben, bleibt in den
USA."
Für die Ukraine selbst seien die Auswirkungen des Krieges
verheerend, die wirtschaftlichen Folgen für die Region seien
hingegen gering, sagte Grieveson. Das wiiw geht davon aus, dass der
Ukraine-Krieg noch mindestens bis 2026 andauern wird. "Wir nehmen
an, dass China weiterhin Russland unterstützen wird und dass die USA
weiterhin die Ukraine unterstützen werden." Das könnte sich mit
einem Wahlsieg Donald Trumps ändern, der eine Kriegsniederlage der
Ukraine wahrscheinlicher machen und die NATO-Präsenz in Europa in
Frage stellen könnte. Das wiederum würde Investoren abschrecken.
Das Russland vor kurzem die Bedingungen für den Verkauf
ausländischer Firmen verschärft hat, mache den Rückzug aus Russland
noch schwieriger, sagte Russland-Experte Vasily Astrov, "da müssten
die Unternehmen praktisch alles abschreiben. Es ist die gezielte
Politik der russischen Regierung, die ausländischen Investoren
möglichst dazu zu bewegen, in Russland zu bleiben." Die
Raiffeisenbank und UniCredit seien für Russland systemrelevante
Banken. "Die russische Regierung wird alles unternehmen, damit diese
Banken in Russland bleiben."
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 1415-24, Format 88 x 114 mm)
  ivn/tpo/cgh
 ISIN   
 WEB   http://www.wiiw.ac.at/


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen