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Klimaministerium lässt Gasvertrag mit Gazprom von Kommission prüfen

09.07.2024, 16:03:00

Kommission soll auch Einblick in den Vertrag bekommen, dessen Inhalt bisher nur die OMV kannte

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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Reaktionen der FPÖ, SPÖ und WKÖ im vorletzten Absatz
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Das Klimaministerium hat eine Kommission
eingesetzt, die den Gasliefervertrag zwischen der russischen Gazprom
und dem heimischen Energiekonzern OMV prüfen soll. Dazu sollen
einzelne Mitglieder auch Einblick in den Vertrag bekommen, dessen
Inhalt bisher nur die OMV selbst kannte. "Die Vertragsverlängerung
2018 war ein Fehler", sagte Klima- und Energieministerin Leonore
Gewessler (Grüne) auf einer Pressekonferenz am Dienstag.
Der Vertrag von OMV und Gazprom war 2018 im Beisein des damaligen
Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) und des russischen Präsidenten
Wladimir Putin um zwölf Jahre von 2028 bis 2040 verlängert worden.
Den genauen Vertragsinhalt kannte bisher nur die teilstaatliche OMV,
nicht aber die Regierung oder die Regulierungsbehörde E-Control.
Bekannt ist neben der Laufzeit des Vertrages bis 2040, dass eine
"Take-or-Pay"-Klausel vereinbart wurde: Gazprom liefert und die OMV
muss zahlen, auch wenn sie das Gas nicht benötigt.
Einsicht bekommt die Kommission auch jetzt nur unter strengen
Sicherheitsvorkehrungen und im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben
der "Gas-SOS-Verordnung" der EU. Die Kommission werde dabei die
Geschäftsgeheimnisse der OMV wahren, sie sei "nicht dafür zuständig,
die unternehmerischen Entscheidungen der OMV zu untersuchen",
betonte Gewessler.
Die Kommission soll untersuchen, ob es einen Weg gibt, aus dem
Vertrag mit der Gazprom herauszukommen. Außerdem sollen die
politischen Begleitumstände der Vertragsverlängerung im Jahr 2018
analysiert werden. Den Vorsitz der Kommission übernehmen die
ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, und
der Universitätsprofessor Andreas Kletečka. Im Herbst sollen erste
Ergebnisse vorliegen, einen Abschlussbericht soll es bis Ende des
Jahres geben.
"Die Kommission wird sich den Vertrag anschauen, und überlegen,
wie ist es möglich, aus diesen Verpflichtungen herauszukommen",
sagte Griss auf der Pressekonferenz. Eine zweite Frage, der sich die
Kommission widmen will, laute "wie gehen wir in Zukunft bei
Verträgen vor, die zwar ein privates Unternehmen schließt, die aber
immense Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage, auf die
sicherheitspolitische Lage und überhaupt auf die Lebensbedingungen
in Österreich haben", so die ehemalige OGH-Präsidentin.
Im Fall des Gasliefervertrages würden "wesentliche
energiepolitische, bis hin zu außenpolitischen Aspekten" vom
Privatrecht geregelt, "dazu ist das Privatrecht nicht da. Man muss
eine Struktur finden, wie man das in Zukunft anders gestalten kann",
sagte Kletečka.
Die Kommission werde Interviews führen und die Informationen, die
zur Vertragsverlängerung 2018 vorliegen, analysieren. Weitere
Mitglieder der Kommission sind der ehemalige Leiter der
Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, der ehemalige
E-Control-Vorstand, Walter Boltz, der Wifo-Chef Gabriel Felbermayr,
der ehemalige AGGM-Vorstand Thomas Starlinger und Velina Tchakarova,
ehemalige Direktorin des Österreichischen Instituts für Europa- und
Sicherheitspolitik.
Die Energiesprecherin des Regierungspartners ÖVP, Tanja Graf, sah
in der Präsentation der Kommission heute eine "Wahlkampf-Aktion der
Grünen Ministerin in eigener Sache". Sie warf Gewessler vor, die
damals "in bester vorausschauender Absicht geschlossene Verträge für
politische Effekthascherei" zu instrumentalisieren. Das stehe einer
"konstruktiven Zusammenarbeit in der Regierungskoalition diametral
entgegen".
Die NEOS sehen in der Einsetzung der Gas-Kommission eine "späte
Einsicht von Gewessler", die "wohl dem Wahlkampf geschuldet" sei.
Auch aus Sicht der FPÖ handelt die Regierung zu spät, die
Energieministerin wälze nun "die Verantwortung lediglich auf eine
Kommission ab", sagte Energiesprecher Axel Kassegger laut
Aussendung. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) wünschte sich in einer
Aussendung "Taten statt Arbeitskreise". Generalsekretär Karheinz
Kopf forderte, wie auch die FPÖ, eine Fortführung des Ende 2024
auslaufenden Transitvertrag durch die Ukraine. "Am Abend wird der
Faule fleißig - Mehr fällt einem zu dieser fadenscheinigen
Inszenierung leider nicht ein", kommentierte SPÖ-Energiesprecher
Alois Schroll, auch er ortete eine Wahlkampf-Aktion.
Vize-Kanzler Werner Kogler (Grüne) bezeichnete die "immer noch
hohe Abhängigkeit von russischem Blutgas" am Dienstag auf X (vormals
Twitter) als "inakzeptabel", Schuld an der Lage seien
"Vorgängerregierungen". Er äußerte sich erwartungsgemäß erfreut über
das Einsetzen der Gas-Kommission.
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0935-24, 88	x 104 mm)
  cgh/cri/tpo
 ISIN  AT0000743059
 WEB   http://www.omv.com
       http://www.gazprom.com/


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Quelle: APA, Meldungen der letzten 4 Wochen