Während am Aktienmarkt Optimismus und Trump-Rallye herrschen, steigt bei den Anleihen wieder die Angst um die Eurozone. Eine dieser parallel laufenden „politischen Börsen“ sollte sich in den nächsten Wochen als kurzbeinig erweisen.
Sieht man sich die ökonomischen Daten an, scheinen die Aktienmärkte im Recht zu sein. Zwar sind die wirtschaftspolitischen Pläne der neuen US-Regierung weder ausgereift noch wirklich nachvollziehbar, die Wirtschaft der USA, und zunehmend auch der Eurozone, ist aber auch ohne zusätzliche Impulse in recht guter Verfassung. Die Einkaufsmanagerindizes liegen – auch in Ländern wie Frankreich und Italien – weit im expansiven Bereich, Arbeitslosigkeit und Deflationsgefahr fallen, die Kreditnachfrage steigt und die Realzinsen sind günstig. Somit ist weniger entscheidend, welche positiven Impulse (etwa eine US-Steuerreform) aus der Politik kommen werden, als wo die Politik schaden kann.
Gemeinsamer Nenner der aktuellen Gefahren ist der Nationalismus – in den USA in Form von Protektionismus, in der EU in Form von Abspaltungstendenzen. Innerhalb der nächsten drei Monate dürfte sich mit den Wahlen in den Niederlanden (17.3.) und Frankreich (23.4./Stichwahl 7.5.) weitgehend klären, wie groß die Zentrifugalkräfte in der EU tatsächlich sind. Auch wenn die BREXIT-Verhandlungen, die Wahl in Deutschland (September) und Italien (2017/2018) weitere Störfaktoren darstellen, dürfte Frankreich, dessen Finanzierungsaufschlag sich in den letzten sechs Monaten angesichts der Wahlchancen von Marine Le Pen verdreifacht hat, der wichtigste Faktor für ein mögliches Einschwenken der Anleihenmärkte in die Stimmungslage des Aktienmarktes sein.
Die neue US-Regierung bleibt ebenfalls eine Unsicherheitsquelle. Wegen der stark internationalisierten Wertschöpfungsketten würde ihr Protektionismus aber nicht nur die Industrie außerhalb der USA schädigen, sondern auch jene im Inland. Das gibt Hoffnung auf pragmatische Lösungen und die Chance, dass „Sell in May“ ausnahmsweise mehr die sicheren Häfen des Anleihenmarkts als den Aktienmarkt betreffen könnte. Schließlich sind nicht nur die makroökonomischen Daten günstig, sondern auch die Gewinnentwicklung der Unternehmen und die niedrigen Realzinsen zeigen, dass trotz gestiegener Kurse wohl keine generelle Überbewertung besteht.
Autorin:
Dipl.-Vw. Uta Pock
Leiterin Research
VOLKSBANK WIEN AG
1. März 2017
Hinweis
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